Jagdschloss

Der prunkvolle Bau wurde im 16. Jahrhundert an das Kloster angebaut

Die Fürstenherrlichkeit im herzoglichen Schloss dauerte nur 100 Jahre.

Erfahren Sie hier mehr über die Geschichte des herzoglich württembergischen Jagdschlosses im Kloster.

Das herzoglich württembergische Jagdschloss

Im Jahr 1534 führte Herzog Ulrich in Württemberg die Reformation ein. Der Besitz des Klosters, Ländereien wie auch Gebäude und Inventar, ging an die herzogliche Familie über, die bereits seit 1342 die Schutzvögte des Klosters gestellt hatte. Die Mönche mussten daraufhin das Kloster verlassen. Da es im reformierten Württemberg an Pfarrern mangelte, wurden in mehreren aufgehobenen Klöstern des Landes evangelische Klosterschulen für deren Ausbildung eingerichtet, so auch im Jahr 1556 in Hirsau durch Herzog Christoph, dem Sohn Herzog Ulrichs. Diese Klosterschule nutzte aber nur einen kleinen Teil der äußerst großen Klosteranlage von St. Peter und Paul.

An der Stelle, wo bislang das mittelalterliche Abtshaus stand, ließ Herzog Ludwig von Württemberg von seinem Hofarchitekten Georg Beer (1527–1600) in den Jahren 1586 bis 1592 – angrenzend an die Südseite der Klausur – ein Schloss errichten. Dieses wurde mit einem viergeschossigen Torturm mit dem Klostergebäude verbunden. Er besitzt noch heute die Funktion des Glockenturms für die Marienkapelle und den ganzen Ort. Als Baumaterial diente nicht nur das abgerissene Abtshaus, sondern auch die Steine der auf der anderen Nagoldseite gelegenen Aureliuskirche, die unmittelbar zuvor bis auf einen Torso des Langhauses abgetragen worden war. So kommt es, dass man in den Ruinen des Schlosses an manchen Stellen des Mauerwerks romanische Elemente entdeckt.
Zeitgenössische Quellen rühmen die Qualität, mit der Georg Beer das Gebäude bauen ließ. Er beschäftigte hierzu zahlreiche Handwerker aus der Residenz Stuttgart, wo zeitgleich durch ihn das neue Lusthaus, eines der bedeutendsten Bauwerke der deutschen Spät-Renaissance, errichtet wurde. Beers Nachfolger als Hofarchitekt, Heinrich Schickhardt (1558–1635), unterstützte ihn bereits bei diesen Bauvorhaben.

 

Nachbildung des Schlosses im Modell

Die dreiflügelige Anlage des Schlosses verlieh mit ihrer nach außen gerichteten, gegliederten Renaissance-Fassade dem gesamten Baukomplex einen repräsentativen Charakter. Gemeinsam mit dem Klausurgebäude auf der Nordseite umschlossen die Gebäude einen Innenhof, den man durch den Torturm erreichte.
Das Schloss erstreckte sich über circa 37 Meter in Nord-Süd- und fast 76 Meter in Ost-West-Richtung. Im nahezu quadratischen Ostflügel mit den vier Schweifgiebeln gab es einen Keller und eine große Halle mit Kamin. Hier befanden sich wahrscheinlich die Repräsentationsräume. Zeitgenössische Quellen berichten, dass ein Stockwerk mit einem schwingenden Boden versehen war, der beim Tanz rhythmisch mitschwang. Der langgezogene Südflügel mit Treppenturm, von dem nur die Mauern des Erdgeschosses erhalten blieben, diente als Verbindungsbau. Der Westflügel ruhte auf einem großen Kellergewölbe, in dem Vorräte gelagert wurden. Die darüber liegenden Etagen fanden weitgehend als Wohnräume Verwendung.
Das Schloss war doch recht groß, um nur als reines Jagdschloss zu dienen. Neben der Jagd in den großen Wäldern der Umgebung diente es daher wohl auch dazu, von hier aus die Heil- und Thermalquellen im „Zeller Bad“, in Wildbad oder in Teinach zu besuchen. Auch in Hirsau selbst gab es in jener Zeit einen Badebetrieb. Hierzu wurde über dem Hirschbrunnen auf der anderen Seite des Schweinbachs ein Badgebäude erstellt. Der wesentliche Grund für ein Residenzschloss im Schwarzwald war jedoch, dass die herzogliche Familie einen repräsentativen Zufluchtsort brauchte, wenn in den Städten des Landes Seuchen grassierten. Herzog Eberhard III. schrieb 1639 in einem Brief. „Der neue Bau im Hirsauer Kloster ist von Unseren Hochlöblichen Vorfordern zu dem Ende erbaut worden, sich in Sterbensläuften dahin als an einen gesunden Orth zu retiriren, wie auch die darumb gelegenen Sauerbrunnen und Bäder desto füglicher von darauß zu gebrauchen.“ Während solch einer Badekur in Hirsau starb Herzog Wilhelm Ludwig im Sommer 1677. Während des dreißigjährigen Krieges verliert Württemberg durch das Restitutionsedikt Kaiser Ferdinands II. vorübergehend 22 Klöster, darunter auch Hirsau. Zwischen 1630 und 1638 leben Mönche aus Weingarten in Hirsau. Diese verweigern der herzoglichen Familie den Zutritt zu ihrem Schloss.

Mit diesen Unterbrechungen dauerte die Fürstenherrlichkeit in Hirsau ziemlich genau 100 Jahre (1592 -1692), dann wurden das Schloss wie auch das angrenzende Peter-und Pauls-Kloster im Zuge des Pfälzischen Erbfolgekriegs durch französische Truppen unter General Ezéchiel de Mélac in Brand gesteckt.
Aufgrund zeitgenössischer Bilddarstellungen weiß man, dass die Brandschäden an den Gebäuden des Klosters wie auch des Schlosses mit geringen Mitteln zu beseitigen gewesen wären. Aber da sich zum einen keine zukünftige Verwendung für die Gebäude abzeichnete und zum anderen das Land durch die Kriege stark zerstört und verarmt war, gab die württembergische Regierung die Ruinen als Steinbruch für die Bevölkerung frei, damit diese mit dem Baumaterial ihre Häuser, insbesondere in der ebenfalls durch Mélac zerstörten Stadt Calw, wieder aufbauen konnte. Lediglich die unteren Geschosse des weniger zerstörten Westflügels des Schlosses wurden 1740 zum Getreidespeicher umfunktioniert. Der Brunnen, der im Innenhof des Schlosses an der Hausfront des Sommerrefektoriums stand, ziert heute den Vorgarten des Hotels Kloster Hirsau

Der ausgebrannte Westflügel des Schlosses mit Torturm
Der Brunnen aus dem ehemaligen Schlosshof
Der Ostflügel der Schlossruine mit Ulme

Erst mit Beginn des 19. Jahrhunderts besann man sich des kulturellen Erbes und stellte die Klosteranlage mitsamt der Schlossruine unter Schutz. Von der einst prächtigen Ausstattung haben sich nur spärliche Reste wie Architekturfragmente und Teile eines großen Kamins im Obergeschoss des Ostflügels erhalten.
Immer mehr hatte die Natur die Schlossruine in Besitz genommen. Aus dem Kellergewölbe des Ostflügels wuchs eine Ulme heraus, welcher der Dichter Ludwig Uhland ein Gedicht widmete. Im Alter von etwa 200 Jahren wurde der Baum von einer Pilzkrankheit befallen und musste deshalb 1989 gefällt werden.

Zu Hirsau in den Trümmern,

Da wiegt ein Ulmenbaum

Frischgrünend seine Krone

Hoch überm Giebelsaum.

Er wurzelt tief im Grunde

Vom alten Klosterbau,

Er wölbt sich statt des Daches

Hinaus in Himmelsblau.

Ludwig Uhland

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