St. Bartholomäus

Im 12. Jahrhundert erstmals erwähnt: die Pfarrkirche St. Bartholomäus in der Pletschenau.

Ebenso wie die Kapelle an der „Hengstetter Steige“ existiert auch die alte Pfarrkirche St. Bartholomäus heute nicht mehr.  Auf alten Abbildungen bis ins 19. Jahrhundert ist sie aber noch zu sehen.

Erfahren Sie hier mehr über die Kirche St. Bartholomäus.

St. Bartholomäus

Die Kirche St. Bartholomäus gehört nicht zu den Hirsauer Klöstern. Sie war vielmehr die Pfarrkirche für die Bevölkerung aus der Umgebung von Hirsau. Die Kirche stand in der sogenannten Pletschenau, einem etwas flacheren Wiesengrund am Fuß des Ottenbronner Berges. In der näheren Umgebung stand lediglich das Mesnerhaus und eine Mühle an der Nagold. Hirsau als Dorf gab es bis zum 18. Jahrhundert noch nicht. Zu dieser Pfarrei in der Pletschenau gehörten östlich der Nagold Ottenbronn und westlich der Nagold das sogenannte Reichenbacher Amt mit Kollbach, Unterkollbach, Ebersbühl, Agenbach, (Ober-)Reichenbach und Lützenhardt (Hof).

Der Zeitpunkt der Erbauung der Kirche ist unbekannt. Den Hinweis auf den frühesten Zeitpunkt des Bestehens dieser Kirche finden wir in der Reichenauer Chronik des Gallus Öhem, die allerdings erst um 1500 verfasst wurde. Dort wird berichtet, dass „Hirsowe ains tails“ an das Kloster Reichenau übergeben worden sei. Die Meldung ist durchaus plausibel, verweist doch auch der Kirchenpatron St. Bartholomäus auf die Reichenau, wo dieser ganz besonders verehrt wurde. Urheber dieser Übereignung war eine Person namens Noting. Vermutlich war es Bischof Noting von Vercelli, der um 830 die Gründung des ersten Aureliusklosters auf den Weg brachte. Er übereignete dem Kloster Reichenau auch weiteren Besitz in der Umgebung, so in Stammheim, Gechingen, Möttlingen und Deckenpfronn. Das lässt es eherunwahrscheinlich erscheinen, dass der Stifter Noting von Konstanz war, der von 919 bis 934 das Bischofsamt in der Diözese Konstanz innehatte. Der an die Reichenau gestiftete Teil von Hirsau war wahrscheinlich der Bereich östlich der Nagold und nördlich des Kropfbachs. Einen weiteren Hinweis auf das Interesse der Reichenau an der Wiederherstellung klösterlichen Lebens in Hirsau zeigt sich beim möglichen Besuch Papst Leos IX. im Jahr 1049, der, von der Reichenau kommend, seinen Neffen Adalbert II. besucht haben könnte. In Althengstett, so wird berichtet, hat er die dortige Kirche geweiht. Adalbert, der zu jener Zeit noch in Sindelfingen residierte, war auf der Suche nach einem neuen Familiensitz, näher am zu erschließenden Nordschwarzwald. Die Reichenau wollte hierbei, ganz besonders bei der Wiederbelebung des Hausklosters, ihre alten Besitzansprüche wieder geltend machen. Um das zu unterstreichen, gaben die Reichenauer Mönche Leo IX. einen außergewöhnlich reichen Reliquienschatz aus dem Inselkloster mit. Die Patrozinien der Althengstetter Kirche sind bis in die heutige Zeit die Münsterheiligen der Reichenau, Maria und Markus.
Die erste urkundliche Erwähnung der Bartholomäus-Kirche erfolgt 1160 in den Traditiones Hirsaugienses, wo die Pfarrkirche in Hirsau unter zahlreichen anderen als Eigenkirche des Klosters aufgeführt wird. Eine Pfarrei mit einem eigenen Pfarrer ist erstmals 1260 belegt. In den Jahren 1399 wie auch 1474 ist dokumentiert, dass das Kloster wiederholt versuchte, die Kirche zu inkorporieren.

Wie in ganz Württemberg wurde 1534 auch in der Bartholomäus-Pfarrei in der Pletschenau die Reformation eingeführt. Die erste im Kirchenbuch vermerkte evangelische Taufe ist die des Kindes von Heinrich Weickersreutter, dem ersten Vorsteher der im Peter-und Paul-Kloster eingerichteten evangelischen Klosterschule. Pate bei der Taufe des Kindes war Ludwig Velderer, der letzte Abt des katholischen Klosters, der in Hirsau seinen Lebensabend verbringen durfte.
Im Jahr 1573 wird in Altburg eine eigene Pfarrei eingerichtet. Dieser wird fast das ganze Reichenbacher Amt zugeordnet. Die Bartholomäus-Kirche ist fortan nur noch die Kirche für Ottenbronn und den Lützenhardter Hof.

Die Gadner'sche Forstkarte mit St. Bartholomäus in der Pletschenau

Zum Ende des 16. Jahrhunderts ließ Herzog Ludwig von Württemberg das Land durch Georg Gadner in Forstkarten darstellen. Im Blatt des Wildbader Forstes sind nicht nur die Hirsauer Klosteranlagen St. Peter und Paul und St. Aurelius zu erkennen, sondern auch die Pfarrkirche St. Bartholomäus in der Pletschenau.

Bei der Zerstörung des Klosters 1692 wurde die Bartholomäus-Kirche nicht zerstört, allerdings war sie zu diesem Zeitpunkt bereits schadhaft. Nach dem Ende von Kloster und Klosterschule wurde entschieden, fortan die Marienkapelle als Pfarrkirche zu nutzen und die Bartholomäus-Kirche aufzugeben. Die Ottenbronner kämpften noch eine Zeit lang für ihre Kirche; diese wurde auch noch mehrfach instand gesetzt. Aus den Bauakten lässt sich ungefähr die Größe der Kirche rekonstruieren. Sie maß etwa 23 auf 8 Meter. Erst als den Ottenbronnern vertraglich „auf ewige Zeiten“ freier Zutritt zur Marienkapelle zugesichert worden war, akzeptierten auch sie diese als Pfarrkirche. Eine Zeit lang wurde die Bartholomäus-Kirche noch als Friedhofskapelle genutzt. Letztendlich war sie dann jedoch so baufällig, dass sie 1782 zum Abbruch verkauft wurde. Das Gewölbe des Chors wurde in den Keller eines Hauses in der Calwer Bischofstraße eingebaut. Die restlichen Steine wurden für den Bau eines Hauses unweit der Aureliuskirche verwendet. Ottenbronn bekam 1870 einen eigenen Friedhof in Ortsnähe, 1928 eine Kirche in der Ortsmitte. Bis heute erinnert die „Totensteige“ genannte Fahrstraße von Ottenbronn nach Hirsau an den Friedhof in der Pletschenau. Inzwischen abgegangene Flurnamen wie Pfarracker, Pfarrwiese, Mesner- und Kirchenacker in Hirsau oder Heiligenacker in Ottenbronn hielten die Erinnerung an die ehemalige Pfarrkirche St. Bartholomäus noch einige Zeit wach. Den Kirchweg gibt es heute noch in Ottenbronn. Dieser liegt aber nicht in der Ortsmitte in der Umgebung der Kirche, sondern am Ortsrand in Richtung der Pletschenau im Hirsauer Talgrund.

St. Bartholomäus

Eine Bleistiftzeichnung aus der Zeit um 1800, vermutlich auf der Basis älterer Vorlagen erstellt, zeigt nicht nur die Klosteranlagen, sondern am rechten oberen Bildrand jenseits der Nagold auch die Bartholomäus-Kirche in der Pletschenau. In diesem Bereich befindet sich auch heute noch der Hirsauer Friedhof. Architektonische Details in der Darstellung der Bartholomäus-Kirche zeigen durchaus Ähnlichkeiten mit der Abbildung im Stifterbild. Am oberen Bildrand befindet sich das Mesnerhaus, unterhalb, direkt am Ufer der Nagold, die Mühle.

Kontakt

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